Der Thomas-Kreislauf

„Der deutsche CEO umgibt sich am liebsten mit Spiegelbildern seiner selbst; 5 Prozent der CEOs heißen Thomas, und es gibt mehr Vorstandsmitglieder, die Thomas oder Michael heißen (49), als es insgesamt Frauen gibt (46).“ Die deutsch-schwedische AllBright-Stiftung hat eine wichtige Studie über männliche Monokulturen in den Vorständen der an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen veröffentlicht.

Die Vorstands-Männer sind bezüglich Alter, Herkunft und Ausbildung nahezu identisch: männlich, deutsch, Anfang der 60iger Jahren geboren, Wirtschaftswissenschaftler und in geringerem Maße Ingenieure, mit Ausbildung in Westdeutschland. Die geringsten Chancen haben Frauen und Männer mit ostdeutschem Ausbildungshintergrund.

Je höher der Posten, umso mehr fallen objektivierbare Auswahlkriterien weg. Was zählt ist die ‚Passfähigkeit‘ und damit wird die größtmögliche persönliche Übereinstimmung zum entscheidenden Kriterium. So reproduzieren sich, so die AutorInnen, seit Jahrzehnten immer gleiche Führungsmannschaften, denen viel innovatives, aber auch selbstkorrigierendes Potential entgeht.

Dieses Rekrutierungsverhalten hat sich trotz Geschlechterquotengesetz nicht verändert, obwohl eine relativ hohe Fluktuationsrate in den Vorstandsetagen  von allein 12 Prozent im vergangenen Jahr die Chance für mehr Diversität in diesen Gremien beinhaltet hätte. Der Männeranteil bei den neu eingestellten CEOs betrug 89 Prozent, bei Menschen mit deutschem Pass 74 Prozent.

Interessant ist auch die Feststellung, dass Männer in Vorständen überwiegend „Eigengewächse“ der Unternehmen sind, Frauen nicht. Dies überrascht nicht, aber unterstreicht nochmals das Innovationspotential, das Frauen nicht aufgrund ihrer Gene, sondern neuer Perspektiven aufgrund auch aus Unternehmenssicht unterschiedlicher Sozialisationen und Berufserfahrungen mitbringen könnten.

Ein höherer Frauenanteil in der internen „Pipeline“ der Unternehmen, auf den nächst höheren Management-Ebenen oder in den Aufsichtsräten, verändert das Rekrutierungsverhalten nicht. Dies stellt auch beliebte Erklärungsmuster für einen geringeren Frauenanteil in Top-Positionen a là ‚Bei uns im Unternehmen arbeiten halt wenig Frauen‘ in Frage, denn, so die AutorInnen,  bei der Frage der Besetzung von Vorstandsposten gelten offenbar völlig andere Regeln.

Eine wichtige Ausnahme gibt es jedoch: Die Unternehmen mit Frauen als Aufsichtsratsvorsitzende sind die einzigen des Untersuchungsfelds, die mit 40 Prozent über einen ausgewogenen Frauenanteil auch in den Vorständen verfügen. Dies unterstreicht, wie wichtig Frauen in den ganz wichtigen Schaltstellen für eine Änderung des Status quo sind.

Die Studie schließt mit wichtigen Empfehlungen von Dr. Philine Erfurt-Sandhu,  wie dieser Kreislauf zu durchbrechen ist. Es braucht in den Vorstandsgremien einen offenen Dialog darüber, was die Herausforderungen der Zukunft sind, und welche Kompetenzen und Erfahrungen dafür benötigt werden.

Frauen können noch so viele Trainings besuchen, aber solange sich die Füh­rungsgruppe nicht auch selbst als Veränderungsprojekt definiert, bleibt ein Diversity­Programm nur Symptom­ Behandlung.

Die wunderbare und unbedingt zur Lektüre empfohlene Studie zum Download Ein Ewiger Thomas-Kreislauf? Wie deutsche Börsenunternehmen ihre Vorstände rekrutieren (AllBright Bericht/März 2017): Nicht nur um sie anschließend unters Kopfkissen zu legen oder es beim Kopf-Nicken ‚ja so isses‘ zu belassen, sondern als Ansporn für wirkliche und nachhaltige Veränderungen.

 

 

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