Führen durch Demütigen

Die Süddeutsche Zeitung berichtet im Wirtschaftsteil der Ausgabe vom 20.04.2017 über eine spannende Studie zum Thema Demütigungen unter Führungskräften und gegenüber Mitarbeitern („Drücken Sie sich doch ein einziges Mal klar aus“). Spannend oder besser traurig die Zwischenergebnisse, die zeigen, wie verbreitet das in Unternehmen ist , spannend aber auch, warum Demütigungen von Seiten der Führung und damit verbunden das Thema Scham trotz aller negativen Folgen bisher kaum Thema ist.

Die Zwischenergebnisse der noch nicht veröffentlichten Studie von Prof. Dr. Isabell Welpe, TU München, und Ursula Schütze-Kreilkamp, Leiterin der Personalentwicklung bei DB Mobility Logistics, ergeben, so die SZ, dass ein Viertel der Befragten von Beschämungen durch Führungskräfte berichtet. Jeder Fünfte beschreibt das Gefühl, vorgeführt zu werden.

Die Angst vor dem Montag – der berühmten Montagsrunde – sei in Unternehmen weit verbreitet, bis in höchste Führungsrunden hinein.

Die Furcht vor den Demütigungen, und seien es noch so kleine Seitenhiebe, erhöht massiv die Burn-Out Gefahr und hat fatale Folgen auch für die Unternehmenskultur, mehr noch als brüllende Chefs alter Schule: „Je mehr man sich schämt, umso weniger gibt man Fehler zu“, und umso mehr macht man Fehler. Als besonders fatale Folgen einer solchen wie sie es bezeichnen ‚Angsthierarchie‘ nennen die Autorinnen den VW-Diesel-Skandal bis hin zum Absturz der US-Raumfähre-Challenger, weil keiner sich anhängen lassen wollte, ein teures Prestige-Projekt durch Bedenkenträgerei zu ruinieren.

Demütigungen gibt es vom „coolen“ Start-up bis in hoch bezahlte Führungskreise von DAX-Konzernen. Die Kultur der Nadelstiche ist in homogenen Gruppen häufiger anzutreffen als in gemischten Gruppen, und sei besonders für reine Männerwelten typisch.

Interessant wäre zu erfahren, ob diese Beobachtung von der realen männlichen Homogenität vieler Runden herrührt, oder ob sich in reinen Frauenrunden ähnliches feststellen lässt. Aber letztere gibt es halt auf Führungsebenen nahezu nicht. Ein gutes Plädoyer für gemischte Gruppen, und damit für mehr Vielfalt auch bei Führungskräften und generell in den Unternehmenswelten, ist diese Studie alle mal.

Bleibt die Frage, warum das Thema Scham und Demütigungen in der Arbeitswelt auch in der Forschung bisher so wenig beachtet wurde. Als Erklärung führt Schütze-Kreilkamp an, dass Männer vom Teenager-Alter an das Gefühl der Scham verdrängen und es eher als Ärger benennen. „Mädchen und Frauen schämen sich andauernd, sie finden sich zu dick oder zu dünn, zu groß oder zu klein“, so Schütze-Kreilkamp.

Es ist zu hoffen, dass diese Studie dazu beiträgt, dass mehr Menschen, Frauen und Männer, sich trauen, gegen solche Führungsstile aufzubegehren und sie für Führungskräfte zunehmend zum No-Go werden.

Ich bin gespannt auf die Endergebnisse!

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